Briesen

Ortsbetreuer : Herbert Bothe, geboren 1929 in Briesen, Gümbelstraße 2, 82380 Peißenberg, Tel.: (08803) 60247

 

Die Gemeinde Briesen lag an den Ufern des Brucher Baches, 2 km nordwestlich von Bilin. Das Tal des Brucher Baches war schon in der Frühzeit intensiv besiedelt. Archäologische Funde sind heute in vielen Museen hinterlegt. Verschiedene keramische Scherben, Schmuck, Bronzegegenstände und Steinwerkzeuge geben darüber Zeugnis.

 

Historische Daten

  • 1207 Erstmalige Erwähnung des Ortes Briesen, gehörte zum Kloster Ossegg
  • 1322 Grundstückszukauf des Klosters Ossegg bei Briesen14.Jhr.Ansiedelung von Freibauerngehöfte
  • 1429 Brand und Verwüstung während des Hussitenkrieges15.JhrAnsiedler aus Franken (Kloster Ebrach/Koster Waldsassen)
  • 1658 Bau der Kapelle 17.Jhr.Briesen mit weiteren 21 Dörfern im Besitz des Klosters Ossegg
  • 1780 Erwerbung des Hl. Donati-Partikels1810Gemeinde mit 26 Häusern und 186 Einwohnern
  • 1860 Teufung der Schächte St. Emeran, Amalia I, III, Adele und Bau der EisenbahnZunehmende Industriealisierung mit Schwerpunkt : Bergbau .19.Jhr.Zustrom tschechischer Bergleute und Gründung der Gemeindesiedlungen Emeran und Adele
  • 1870 Namensänderung des Ortes von Priesen : Briesen
  • 1880 Errichtung einer Porzellanfabrik für Elektroporzellan
  • 1892 Schwimmsandkatastrophe
  • 1896 Bau der einstöckigen deutschen Schule Aufstellung einer Ortsgruppe der Nordböhmioschen Nationalen Einheit und des tschechischen Schulvereins
  • 1896 Öffentlicher Auftritt der Turnvereinigung, des Sportklubs und des athletischen Klubs
  • 1906 Erschließung einer Grube zwischen dem Brucher-Bach und dem alten Biliner Bahnhofs
  • 1918 Umwandlung der Schule in eine tschechischen SchuleWiederbelebung der tschechischen Vereine
  • 1919 Gründung einer Baugenossenschaft für Bergarbeiterwohnungen
  • 1923 Bau einer neuen deutschen Schule
  • 1927 Aufstellung einer tschechischen Freiwilligen Feuerwehr
  • 1928 Schließung der Porzellanfabrik
  • 1930 Bevölkerung : 2421 Einwohner, davon 72,3 % Tschechen
  • 1931 Restaurierung der Kapelle
  • 1939 Bevölkerung : 1769 EinwohnerEinrichtung eines Lagers für italienische Gastarbeiter am Rande der Siedlung Adele
  • 1942 Übernahme der Grubenfelder vom St.Emeran-Schacht durch den Konrad-Henlein-Schacht ; ab dieser Zeit nur noch Lehrbetrieb
  • 1943 Umfangreiche Luftbombardierung (16. Dezember)
  • 1945 Errichtung von Konzentrationsn für die Vertriebenen : Das Adele-Lager wird Arbeitslager, der Meierhof Vertreibungslager für die deutsche Bevölkerung des Kreises Bilin
  • 1964 Beginn der Liquidation der Gemeinde mit seinen Gemeindesiedlungen Emeran und Adele (bis 1970)

 

Briesen  1945/1946

 

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Maierhof, der ab 1940 als russisches Kreigsgefangenen-Lager diente, als Sammellager gewählt. Dort wurde in den Jahren 1945 bis 1948 die deutsche Bevölkerung aus dem Kreis Bilin gesammelt, in Transporte zusammen gestellt und nach Deutschland vertrieben.

 

Adele Lager

Wir zitieren einen Ausschnitt aus einer Familienchronik :

 

„ Es gehörte zum Organisationskonzept der „wilden Vertreibungen“ die Deutschen zuerst in ein Sammellager zu bringen, diese dort noch einmal zu sortieren, ihr weniges Gepäck zu kontrollieren und oft auch abzunehmen. Das damalige Verlangen der Tschechen, vor allem des Pöbels, sich an den wehrlosen Deutschen zu bereichern, war außerordentlich groß. Auch wir gelangten wie viele Biliner nach zwei Stunden Fußmarsch in die Nähe von Priesen/Breschen zu einem ehemaligen russischen Gefangenenlager, zu dem „Adele Lager“, das nach dem Bergwerk „Adele-Schacht“ benannt wurde. Der Ernst der Lage wurde für uns sehr bewußt, als wir am Lagertor einen tschechischen Offizier in Reitstiefeln sahen. Er hieb mit einer Reitpeitsche auf die vor uns laufenden Vertriebenen ein. Dieser Umgang mit Menschen war für mich als Jungen neu und erschreckend. Ich weiß, dass man den Namen dieses Unmenschen kennt, aber die Benesch-Dekrete verbieten auch heute noch die nachträgliche, strafrechtliche Verfolgung dieses Täters. Er war keine Ausnahme

 

Wir wurden alle in das Adele-Lager, in einen mit Stacheldraht umzäunten Platz des Lagers getrieben. Der viereckige Platz war von einer Reihe Holzbaracken und einem Haus aus Mauersteinen umgeben. In der Mitte des Platzes standen zwei ca. 100qm große Gevierte, die mit Stacheldraht umzäunt waren. Ca 15 Wachsoldaten teilten uns in die einzelnen Baracken ein. In diese waren dreistöckige  Holzpritschen in mehreren Reihen eingebaut, ohne Decken und Matratzen. In der Mitte der Baracke führte ein  relativ breiter Gang zur Türe. Das Lager stank nach dem bei den Sowjets üblichen  Desinfektionsmittel (Lysol). Da der Tag sehr heiß war, herrschte eine unerträgliche Hitze in der Baracke. Meine Mutter und wir Kinder erhielten ein dreistöckiges Lager. Nach kurzer Zeit mussten wir zu einem Appell auf dem Hof antreten, wo uns ein Soldat die Informationen des Lagerkommandanten ins Deutsche übersetzte.

 

Uns wurde gesagt, dass wir in den nächsten Tagen  zur Arbeit geschickt werden.  Neben dieser Information wurde uns erklärt, wo die Latrine und die Wasserpumpe sind, und dass peinliche Sauberkeit von uns verlangt und  bei einer Flucht sofort geschossen wird. Auch wurde uns wiederholt eingeschärft, alle Wertgegenstände und Geldscheine abzuliefern. Bei Nichtbefolgung der Anordnungen wären harte Strafen zu erwarten. Wie diese aussahen, erlebten wir noch am selben Abend, an dem mehrere Männer, darunter ein meinem Vater bekannter Priester ( Pater NN ), in einer Sonderbaracke verhört und „grün und blau“ geschlagen wurden. Der Priester wurde in der Nacht noch abgeführt, man hörte nie mehr von ihm.

 

Am nächsten Morgen wachten wir weniger von dem Lärm der schrillen Lagerglocke auf, als von den vielen Stichen der Wanzen und Flöhe, die sich auf den Holzpritschen befanden und an den Wänden und Decken versteckt auf ihre Opfer warteten. Das Lager war in den letzten Kriegsjahren von russischen Kriegsgefangenen belegt gewesen. Diese mussten über Jahre hinweg in diesen Baracken hausen und auf den benachbarten Schächten schuften. Eine meiner Tanteni, die auf einer dieser Schächte während des Krieges in der Verwaltung arbeitete, bestellte illegal bei einem der Gefangenen die Holzkopie einer JU 52 . Er erhielt dafür von ihr Lebensmittel, denn die Gefangenen hatten sehr unter Hunger bei ihrer Schwerstarbeit zu leiden. Jetzt waren wir die Gefangenen. So wendet sich das Schicksal!

 

Am  frühen Morgen mussten  wir uns in Reihen auf dem Hof aufstellen. Nach einigen Informationen, die durch die Lautsprecher angesagt wurden, standen wir in einer langen Schlage zum Frühstück an: eine Brotscheibe und ein Becher mit schwarzem Zichorie- Kaffee. Anschließend hatten wir uns wieder in Reih und Glied anzustellen. Der Lagerkommandant befahl, dass Frauen und Männer in das eine Geviert , die Kinder in das andere Geviert gehen sollten. Ein nicht vorstellbares Geschrei der Frauen erschallte, denn sie glaubten, die Kinder würden von ihren Eltern getrennt werden. Gerüchte,  die sich später teilweise bewahrheiteten, kursierten im Lager, dass deutsche Kinder in das Landesinnere deportiert werden sollten. Eine ähnliche Vorgehensweise praktizierten die Nazis auch mit tschechischen Kindern ( (Lidice). Als die Erwachsenen laut schrieen, begannen auch wir zu brüllen. Es entstand eine chaotische Stimmung auf dem Platze. Die Wachmannschaft stand hilflos vor uns und zögerte einzugreifen. Jetzt erst bequemte sich der Lagerkommandant ( war seine Aktion eine Provokation oder eine Einschüchterungsmaßnahme ?) per Lautsprecher zu erklären, dass durch die Aufteilung der Gruppen eine bessere Einteilung der Arbeitskolonnen herbeigeführt werden sollte. Allmählich beruhigte sich die Lage.

 

Nachdem die Frauen in Abteilungen formiert worden waren, konnten wir Kinder wieder zu ihnen. Allmählich beruhigten sich die Frauen. Dann schärfte man uns  wiederum unter Androhungen, dass wir Geld und Schmuck abzugeben hätten. Hohe Strafen würden die Lagerinsassen erhalten, bei denen man etwas fände. Da ich in meinen Schuhen noch immer zwei Uhren und ein Armband versteckt hielt, bekamen meine Mutter und ich vor einer Entdeckung des Schmuckes immer mehr Angst .Wir warfen schließlich die Pretiosen, eingewickelt in ein weißes Papier in die Latrine. Täglich beobachtete ich, wie diese langsam in der „Scheiße“ versanken und schließlich verschwanden.

 

In den nächsten Tagen hatten die Frauen die Aufgabe, im benachbarten Kutterschitz, in einem ehemaligen Arbeitsdienstlager, das von den Russen vollkommen demoliert und verwüstet worden war, zu arbeiten und es wieder instand zusetzen. So marschierten rund acht Tage lang ca.30 deutsche Bilinerinnen mit ihren Kindern in das ca. vier Kilometer entfernte Kutterschitz..…..“

 

Ortsgeschichten

Sagen und Erzählungen

Beschreibung des hl. Donati-Partikels

 

"Es wird unserer leibblichen Gemeinde Briesen zum ständigen Andenken schriftlich hinterlassen, dass also im Jahre 1780 zur Zeit Papst Pius, dieses Namens der Sechste, der Leib oder die Gebeine des hl. Jünglings und Marthyrers Donati, wie auch der Leib der hl. Justinia nebst vielen anderen Reliquien von Rom nach Obergeorgenthal sind überbracht worden; und alsdann von dem Ehrwürdigen Priester Josef Stowasser, damals Kaplan, der Leib des hl. Donati in einen Trugel gelegt, aufs schönste gezieret und in die dortige Pfarrkirche zur öffentlichen Verehrung ist gestellt worden. Benannter Geistlicher hat unserer Gemeinde Anno 1780 auch ein kleines Überbleibsel oder Reliquie von dem Gebeine des hl. Donati geschenket, welches wir in ein Partikel zur beständigen Verehrung haben verfassen lassen. Dass dieses ein wahrhafte Reliquie des hl. Donati ist, bezeuget uns dieser Ehrwürdige Priester Josef Stowasser mit seiner priesterlichen Ehr, sowohl mündlich als schriftlich.

 

Der hl. Donatus hat sein Leben wegen dem Glauben an Christum durch den Martyrertod beschlossen und ist ein besonderer Patron wider schädliche Unwetter, Hagel und Feuersbrünste; deswegen hat unsere Gemeinde einhellig beschlossen und angelobet, den siebenten Tag im Monat August zu Ehren dieses Heiligen zu feiern und eine hl Messe lesen zu lassen, damit Gott durch die Fürbitte des hl. Donati dergleichen Unfälle von uns gnädigst abwenden wolle.  Diesen seinen Schutz haben wir Anno 1781 in der Tat wirklich erfahren: als wir eben das erste Mal seinen Tag feierten und unser Gebet vor seiner Reliquie Nachmittag hatten, da entstand ein Ungewitter, dass durch dessen Schlossen und Regen ober und unter uns anderen Dörfern die Felder abgewaschen und zerrissen und die Wiesen verschlammt hat, unsere Gemeinde aber nicht den geringsten Schaden verursacht, sondern wir hatten fruchtbaren Regen.

 

Auch haben wir Anno 1781 seinen Martyrertod auf einem Bilde entwerfen lassen und solches zur Verehrung und Andenken in die Kapelle gestellt. Werteste Nachkommenschaft, werdet ihr ihn als euren Schutzpatron beständig verehren und unserem gemachten Gelübde fleissig nachkommen, so werdet ihr auch Gottes Segen durch die Fürbitte des hl. Donati, so wie wir geniessen. Zur Versicherung des hl. Donati Partikels wie auch unser Gelübde, haben wir solches schriftlich hinterlassen, damit es nie in Vergessenheit kommen soll.

 

So geschehen Briesen, den 7. August 1793. Anton Leopold Kastner, zu dieser Zeit Schullehrer.

 

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